Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine stellen sich viele Bürger die Frage: Wie kommen wir über den Winter? Drohen kalte Wohnungen und Stromausfall? Der CSU-Ortsverband Traunstein wollte sich ein Bild von der Lage vor Ort machen und besichtigte das Hackschnitzelheizwerk in der Brunnwiese.
Anlass für den Bau des Hackschnitzelheizwerks war, dass die marode Gasheizung des Chiemgau-Gymnasiums ersetzt werden sollte durch eine regenerative Lösung. Beim „Ideenwettbewerb“ entschied man sich dann für ein Biomasseheizwerk mit dem nachwachsenden Rohstoff Hackschnitzel als Brennmaterial, erklärte Stefan Will, Geschäftsführer der Stadtwerke, den zahlreich erschienenen Interessenten. Orientierung bot das etliche Jahre zuvor erbaute Hackschnitzelheizwerk in Neu-Geißing, mit dem die seinerzeit neu entstandenen Häuser beheizt werden.
2012 ging das Hackschnitzelheizwerk in der Brunnwiese in Betrieb. Zunächst wurden damit das Chiemgau-Gymnasium, das Förderzentrum und die Ludwig-Thoma-Schule versorgt, mittlerweile kamen noch das Alte Kurhaus und die Klosterkirche dazu. Die Kosten für das Heizwerk lagen, komplett mit dem Netz, bei 1,6 Millionen Euro.
Den Besuchern erklärte Will, dass beim Bau, der mit dem Architekturbüro Lechner realisiert wurde, auch architektonische Ideen verwirklicht wurden. Das wird beispielsweise an der Verschalung deutlich, deren Muster an Hackschnitzel angelehnt ist. Die Höhe des Hackschnitzelbunkers wurde dagegen aus praktische Erwägungen gewählt: Hier sollen auch Sattelschlepper zur Belieferung eingesetzt werden können.
Im Kubus neben dem Hackschnitzelbunker befinden sich der Hackschnitzelkessel und der Gaskessel. Letzterer ist im Winter notwendig, wenn Spitzen beim Bedarf auftreten. Darüber hinaus wird er im Sommer eingesetzt, wenn nur wenig Wärme benötigt wird und deshalb der Hackschnitzelkessel nicht angeheizt wird. Dieser läuft normalerweise von Oktober bis Mai, je nachdem, wie warm es ist. Denn Biomassekessel sind Dauerbrenner, und wenn bei 20 Grad Außentemperatur kaum Abnahme erfolgt, bildet sich infolge des Gluterhalts eine teerartige Masse, die den Kessel kaputtmacht.
„Der Betriebsaufwand ist nicht zu unterschätzen“, erklärte Will weiter. Während der Gaskessel einfacher zu betreiben ist, benötigt der Hackschnitzelkessel mehr Personal. Zudem treten Störungen bevorzugt in der Nacht oder am Wochenende auf.
Die Hackschnitzel beziehen die Stadtwerke von der Firma Schreier in Matzing, die sich auch um die Entsorgung der Asche kümmert. Üblicherweise wird diese auf einer Deponie gelagert. Interessanterweise werden die Hackschnitzel nicht nach Volumen oder Gewicht bezahlt, sondern nach ihrem Energieinhalt. Dazu werden die Megawattstunden am Ausgang des Kessels gezählt. Das führt dazu, dass Qualitätsschwankungen bei den Lieferungen keine Rolle spielen.
Für die Verbraucher erfolgt die Abrechnung nach Grundpreis und Arbeitspreis. Letzterer beinhaltet die variablen Kosten wie Hackschnitzel, Hilfsenergie Gas, Strom sowie weitere Betriebskosten.
Wird es auch im neuen Baugebiet in Seiboldsdorf ein Hackschnitzelheizwerk geben wie seinerzeit in Geißing? Nein, so Will. In Neubaugebieten ist ein zentrales Netz heutzutage nicht mehr sinnvoll, da der Wärmebedarf niedriger ist und mit Wärmepumpen gedeckt werden kann.
Dennoch: Die aktuelle Situation und die damit verbundene Gaskrise begünstigt den Aufbau von Wärmenetzen. Durchaus denkbar ist deshalb, so Oberbürgermeister und CSU-Ortsvorsitzender Dr. Christian Hümmer, dass ein solches Hackschnitzelheizwerk an anderer Stelle „in groß“ entsteht.
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