„Wenn der Wirkstoff Glyphosat in der EU zugelassen bleibt, müssen wir ihn auch in Deutschland weiterhin erlauben. Dazu gibt es keine Alternative. Wir dürfen hierbei auch keine weitergehenden Einsatzbeschränkungen erlassen, da dies die deutschen Landwirtinnen und Landwirte einem großen Wettbewerbsnachteil innerhalb der EU aussetzen würde. Auch wir wollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln so weit wie möglich reduzieren und den Glyphosat-Einsatz auf das notwendige Maß beschränken. Es gibt aber einfach noch Bereiche in der Landwirtschaft, in denen es noch keine gleichwertige Alternative zu Glyphosat gibt, wie im Weinbau oder bei der Queckenbekämpfung.“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Politische Verantwortung gibt man nicht am Kleiderhaken ab, sondern dazu steht man“ – Herr Mützenich, das waren Ihre Worte gerade. Genau das hätten wir heute an diesem Rednerpult erwartet. Es gab kein Wort des Bedauerns. Es gab keine Entschuldigung dieser Ampelregierung, meine Damen und Herren.
Herr Bundeskanzler, Sie haben heute dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass die Anwendungsregeln der Schuldenbremse vor diesem Verfassungsgerichtsurteil nicht wirklich bekannt gewesen wären. Sie haben weiter der Öffentlichkeit und dem Bundestag mitgeteilt, dass das Verfassungsgericht über eine Staatspraxis geurteilt hätte. Und Sie, Herr Mützenich, haben ferner auch noch die Dreistigkeit besessen, davon zu reden, dass die Schuldenbremse vielleicht sogar diesen Betrug provoziert hätte. Ich will Ihnen sagen, was an dieser Stelle die Realität ist:
Diese Erklärungen von Ihnen – Staatspraxis, nicht bekannt, wie die Schuldenbremse wirkt – und dann auch noch die Behauptung, dass die Schuldenbremse vielleicht die Grundlage für den Betrug ist, zeigen die ganze Arroganz und Respektlosigkeit Ihres Umgangs mit diesem Urteil.
Es war Ihre Ampelregierung, Herr Bundeskanzler, für die Sie die Verantwortung haben, die sich Vorratsschulden in Milliardenhöhe in den Keller gelegt hat, die nach Belieben über Zeitpunkt und Zweck der Ausgaben dieser Schuldengelder selber entscheiden wollte und die alle Welt Glauben machen wollte, dass sie die Schuldenbremse einhält, obwohl mit dem Nachtragshaushalt jetzt klar ist, dass Sie 45 Milliarden Euro mehr, als die Schuldenbremse zulässt, ausgegeben haben. Und deswegen hat die „Süddeutsche Zeitung“ natürlich recht, wenn sie am Wochenende titelt: „Die Trickser“. Das ist das Prädikat Ihrer Ampel. Und ich sage: Es geht nicht nur um Trickserei, sondern hier ist schlichtweg Betrug an der Schuldenbremse begangen worden.
Jetzt haben wir heute wieder gehört – das ist wie ein Mantra, das ständig wiederholt wird –, dass es der in den Haushalt eingestellt worden ist. Was Sie dabei aber verschweigen, ist erstens, dass bei diesem Fonds nicht Ihre Buchungstricks angewandt wurden, um die Schuldenbremse zu übergehen, und zweitens, dass der Bundesfinanzminister zu diesem Zeitpunkt Olaf Scholz geheißen hat. Und deswegen hat das Verfassungsgericht nicht über eine Staatspraxis entschieden, sondern es hat über das System Olaf Scholz entschieden und es außer Kraft gesetzt.
Sie haben dabei übrigens alle Warnungen außer Acht gelassen, die ja auch in den letzten Tagen wiederholt worden sind. Der persönliche Berater des Finanzministers, Professor Lars Feld, hat es noch mal deutlich gesagt, wörtlich zitiert: „Trotz der Bedenken im Bundesfinanzministerium vor und nach dem Amtsbeginn der neuen Bundesregierung“ kam es zu dieser Entscheidung. – Der Stabilitätsrat hat Sie explizit damals darauf hingewiesen, wörtlich zitiert: „Damit droht, dass das verfassungsrechtliche Ziel der Schuldenbremse faktisch ausgehöhlt wird.“ Warnungen gab es genug. Sie wollten sie ignorieren. Sie wollten sie schlichtweg ignorieren. Und auch das sagt das Urteil: Es ist schlichtweg die Arroganz, die Sie am Schluss dazu gebracht hat, dass Sie die Verfassung gebrochen haben, meine Damen und Herren.
Herr Bundeskanzler, Sie haben heute mit keinem Wort erwähnt, wie unsere europäischen Nachbarn über diese Finanzkrise in Deutschland denken. Die Menschen allerdings haben einen sehr klaren Eindruck davon bekommen, was sich in unserem Land verändert hat. Dass die italienische Ministerpräsidentin bei ihrem Besuch hier in Berlin beim gemeinsamen Auftritt mit dem Bundeskanzler von Journalisten gefragt wird, ob Deutschland in Bezug auf Finanzfragen noch ein verlässlicher Partner ist, das hätten sich die Menschen in unserem Land niemals vorstellen können. Das berührt die Menschen, und das, meine Damen und Herren, zeigt die ganze verzweifelte Situation, in die uns diese Bundesregierung gebracht hat.
In Europa werden aktuell die Verhandlungen über einen gemeinsamen Haushalt geführt. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wird auch neu verhandelt werden. Die Akzeptanz für das Einhalten von Regeln spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle.
Wir haben das in der Vergangenheit schon mal erlebt. Denken Sie zurück an die Eurofinanzkrise und an das, was wir da erlebt haben. Die Finanzstabilität und -solidität Deutschlands hat die gemeinsame Währung zusammengehalten. Deutschland war es, das den Euro am Schluss gerettet hat. Wenn die Haushaltsregeln in Deutschland nicht mehr eingehalten werden, dann wird es schwer, unsere Partner in Europa zur Haushaltsdisziplin zu bewegen. Das heißt, Herr Bundeskanzler, mit Ihrer Politik gefährden Sie die Finanzstabilität in Europa! Das ist die Wahrheit.
Ich hätte heute übrigens erwartet, dass Sie, Herr Bundeskanzler, ein klares Bekenntnis abgeben, dass Sie die Schuldenbremse 2024 einhalten wollen. Ich hätte dieses klare Bekenntnis erwartet, weil es hier ja ein paar andere verstörende Wortmeldungen gegeben hat. Herr Mützenich – ich habe sehr genau aufgepasst –, Sie haben mehrfach die Ukraine in Ihrer Rede erwähnt. Sie haben mehrfach von „unnormalen Zeiten“ gesprochen. Das ist doch nichts anderes, als dass Sie vorbereiten wollen, dass auch 2024 die Schuldenbremse nicht eingehalten wird.
Und ich will Ihnen eines mit auf die Reise geben für Ihre Beratungen: Wir werden auf absehbare Zeit keine normalen Zeiten mehr erleben. Wer das als Ausrede nimmt, der wird nie wieder zu soliden Haushalten zurückkehren, meine Damen und Herren.
Anstatt dass Sie dem Bundestag und der Öffentlichkeit mitteilen, wie Sie die Schuldenbremse 2024 einhalten können, sind weite Teile Ihrer Koalition jeden Tag damit beschäftigt, darüber zu diskutieren, wie man die Schuldenbremse abschaffen kann oder wie man die Schulden-bremse aufweichen kann. Das ist schlichtweg kein Bekenntnis zum Einhalten der Schuldenbremse und der Regeln.
Wir haben sehr genau zugehört, was Herr Habeck auf dem Parteitag der Grünen gesagt hat. Er hat formuliert – ein Zitat –:
„Mit der Schuldenbremse … haben wir uns freiwillig die Hände auf den Rücken gefesselt und ziehen in einen Boxkampf.“
Nur mal zu den Fakten: In diesem Jahr, 2023, ist es unter Einhaltung der Schuldenbremse möglich, legal über 40 Milliarden Euro neue Schulden zu machen. Im nächsten Jahr ist es unter Einhaltung der Schuldenbremse möglich, legal über 20 Milliarden Euro neue Schulden zu machen. Sie wollen einfach nicht mit diesem Geld zurechtkommen. Für Sie reicht dieses Geld schlichtweg nicht aus. Und deswegen sage ich Ihnen, Herr Habeck: Die Ampel ist doch kein Boxer, dem man die Hände gefesselt hat. Die Ampel ist ein Schuldensüchtiger, den man bei Beschaffungskriminalität entdeckt und erwischt hat.
Wissen Sie, die Schuldenbremse wurde doch genau deswegen eingeführt, um so eine Politik zu verhindern. Die Schuldenbremse wurde doch genau deswegen ein-geführt, um vorzubeugen, dass Politik ausschließlich auf Kosten der kommenden Generationen gemacht wird. Die Schuldenbremse soll doch schlichtweg verhindern, dass die Ausgaben ins Uferlose wachsen. Sie soll disziplinieren. Das ist doch die Aufgabe der Schuldenbremse.
Deswegen sage ich Ihnen an dieser Stelle auch: Sie können mit uns selbstverständlich darüber reden, wie man solide Haushalte aufstellt. Aber wir reichen keine Hand dafür, unsolides Haushalten dieser Bundesregierung zur Dauerbeschäftigung zu machen. Wir reichen Ihnen die Hand nicht dafür, dass die Abschaffung der Schuldenbremse legalisiert wird. Dafür haben Sie unsere Unterstützung nicht.
Wir waren jetzt auch überrascht, zu hören, dass Sie, Herr Mützenich, den Haushalt 2024 noch in diesem Jahr beraten wollen. Es gab gestern ein Schreiben des Bundesfinanzministers. In diesem Schreiben an alle Kolleginnen und Kollegen hat er darauf hingewiesen, dass er den Haushalt 2024 gemeinsam mit dem Haushalt 2025 beraten will. Das riecht nicht danach, dass das in diesem Jahr noch stattfinden kann. Möglicherweise sind Sie auch hier nicht einig. Möglicherweise sind Sie auch hier nicht in der Lage, eine gemeinsame Linie zu finden.
Ich kann Ihnen an der Stelle nur sagen: Der Bundesfinanzminister hat, als wir das letzte Mal darüber debattierten, hier formuliert – wörtliches Zitat –:
„Bildung … Sicherheit … Wettbewerbsfähigkeit … All das ist möglich bei den bestehenden Einnahmen, ohne Flucht in neue Schulden oder höhere Steuern …“
Herr Bundesfinanzminister, wir nehmen Sie hier beim Wort. Dieses Land hat kein Einnahmeproblem, es hat schlichtweg ein Ausgabeproblem.
Das heißt: Setzen Sie endlich den Sparstift an! Dieses Land braucht schlichtweg kein Heizungsgesetz, das Staat und Bürger Milliarden kostet. Es braucht keine 5 000 neuen Sachbearbeiterstellen, um die Kindergrundsicherung auszubezahlen.
Und es braucht kein Bürgergeld, das die Menschen in die Sozialhilfe treibt und nicht in Arbeit integriert. Das braucht dieses Land nicht.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, dass Sie nicht in der Lage waren, ein Wort des Bedauerns und der Entschuldigung gegenüber der Öffentlichkeit und dem Bundestag zum Ausdruck zu bringen, das empfinde ich schlichtweg als nicht angemessen. Ich empfinde es nicht als angemessen. Und ich kann Ihnen sagen: Dieses Land braucht Führung und keine Phrasen.
Zeigen Sie Führung, und beenden Sie endlich dieses Ampeldrama!
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
20 Jahre lang haben Europäische Union und Mercosur-Staaten über ein neues Freihandelsabkommen verhandelt. 2019 ist endlich eine Einigung erzielt worden.
Das haben wir erreicht. Dieses Abkommen ist längst reif zur Ratifikation, meine Damen und Herren.
Doch seit dem Regierungswechsel wird das Verfahren mit immer neuen, zusätzlichen Forderungen belastet. Gerade die Grünen haben keine Gelegenheit ausgelassen, um das Ratifikationsverfahren zu verzögern. Sie sind damit in der Europäischen Union nicht sehr weit gekommen. Aber den vorläufigen Höhepunkt setzt nun der grüne Parteitag vom letzten Wochenende. Keine andere Partei verpflichtet ihre Regierungsmitglieder so durch ein imperatives Mandat, wie die Grünen das tun. Deswegen ist das ein Problem für die gesamte Bundesregierung und für unser Land, meine Damen und Herren.
Die Grünen behaupten, durch grundlegende Veränderungen ein faires, ökologisches und postkoloniales Abkommen erreichen zu wollen. Diese Gründe sind vorgeschoben. Das Gegenteil ist der Fall: Der Kurs der Grünen zum Mercosur-Abkommen ist bevormundend, er ist destruktiv, und er ist paternalistisch, meine Damen und Herren. Sie wollen kein Abkommen auf Augenhöhe, sondern Sie wollen Ihre parteipolitischen Präferenzen durchsetzen, die schon in der Ampelkoalition keine Unterstützung haben, geschweige denn in der Europäischen Union.
Sie pflegen lieber Ihre Globalisierungskritik, als mit freiem Handel eine neue Grundlage für Investitionen in nachhaltige Entwicklung zu schaffen. Dass auch ökologische Ziele, vor allem der Schutz des Regenwaldes, besser mit als ohne Freihandel erreicht werden können, zu dieser Einschätzung kamen bisher alle Bundesminister, die in diesem Jahr nach Brasilien gereist sind. Das halbe Kabinett war dort. Die Grünenminister Robert Habeck, Annalena Baerbock und Cem Özdemir kamen mit der klaren Botschaft zurück, das EU-Mercosur-Abkommen zum Abschluss zu bringen.
Auch unsere Verhandlungspartner aus Lateinamerika drängen auf einen Abschluss ohne weitere Verhandlungen. Der Präsident Paraguays, der in der nächsten Woche den Mercosur-Vorsitz übernimmt, hat bereits damit gedroht, die Verhandlungen abzubrechen, wenn sie nicht noch in diesem Jahr zum Abschluss kommen. Der neugewählte Präsident Argentiniens hat sich trotz mancher Kritik für den freien Handel ausgesprochen und würde es wohl am liebsten sehen, wenn eine Einigung noch vor seiner Amtseinführung am 10. Dezember zustande kommt. Dafür besteht die Gelegenheit, nämlich beim Gipfel der Mercosur-Staaten am 7. Dezember. Das ist der nächste Donnerstag. Bis dahin muss in Deutschland und der Europäischen Union Klarheit herrschen, meine Damen und Herren.
Der brasilianische Präsident Lula da Silva wird am kommenden Montag in Berlin erwartet, seine Vorausdelegation bereits morgen. Sie steigt also heute Abend ins Flugzeug und kommt morgen in Berlin an. Sie müssen natürlich wissen: Können sie mit dem Bundeswirtschaftsminister reden, oder müssen sie vorher die Parteivorsitzenden der Grünen fragen?
Die Bundesregierung muss jetzt Farbe bekennen. Sie, Herr Habeck, müssen sich heute festlegen: Folgen Sie dem Beschluss Ihres Grünenparteitags, oder nehmen Sie Ihr Regierungsamt wahr? Beides geht offenkundig nicht zusammen.
Mit Ihrem Parteitagsbeschluss stoßen Sie von den Grünen die Mercosur-Staaten Lateinamerikas gezielt vor den Kopf. Sie sprechen von Fairness, aber Sie haben offenbar nichts dafür übrig, dass sich die Menschen in Argentinien, in Brasilien, in Uruguay und in Paraguay nach demselben Wohlstand sehnen, den wir in der Europäischen Union durch unseren Binnenmarkt haben. Sie fordern einseitige ökologische Zugeständnisse, aber Sie verkennen, dass dafür auch die sozialen Rahmenbedingungen verbessert werden müssen, wozu das Abkommen einen großen Beitrag leisten wird. Und: Sie fordern ein postkoloniales Abkommen und ignorieren dabei geflissentlich, dass Ihr Crashkurs in Lateinamerika als neokoloniales Verhalten wahrgenommen und heftig kritisiert wird, meine Damen und Herren.
Wissen Sie: Als man in Deutschland noch Pickelhaube getragen hat, gab es dafür eine Übersetzung in Gebärdensprache: den erhobenen Zeigefinger vor der Stirn.
So sehen die Außenhandelspolitik und die Außenpolitik der Grünen aus.
Daher rührt auch der Vorwurf des Neokolonialismus, meine Damen und Herren.
Deswegen fordere ich Sie auf: Legen Sie die Pickelhaube ab! Rollen Sie den belehrenden Zeigefinger ein, und kehren Sie zurück zu einer Politik mit Augenmaß und einer Partnerschaft auf Augenhöhe mit Lateinamerika!
Es wird sich in der nächsten Woche zeigen, ob Deutschland ein verlässlicher Handelspartner für Brasilien und für alle Mercosur-Staaten ist oder nicht. Sie, Herr Habeck, müssen sich entscheiden, ob Ihnen ideologiegetränkte Parteitagsbeschlüsse wichtiger sind als die Verbindung von über 700 Millionen Menschen durch eine Freihandelszone. Europa und Lateinamerika brauchen jetzt ein neues Freihandelsabkommen, und Deutschland kommt dabei als größte und stärkste Volkswirtschaft in der Europäischen Union eine wichtige Vorreiterrolle zu.
Vielen Dank.
"Der „Deutschlandpakt“ ist gebrochen, bevor er geschlossen wurde: Trotz gegenteiliger Versprechungen steigert die Ampel die Bürokratiebelastung weiter und weiter - jüngstes Beispiel ist der Referentenentwurf zum Postgesetz. Zwar ist es zeitgemäß und sachgerecht, dass der Gesetzesentwurf den Fokus auf mehr Zuverlässigkeit und weniger auf Schnelligkeit der Sendungen legt. Doch von verpflichtenden Meldungen zu Klimaemissionen und einer neuen Meldestelle bei der Bundesnetzagentur für Verstöße gegen den Arbeitsschutz - viele dieser Regelungen führen zu wenig bis gar keinem Mehrwehrt beim Klima- und Arbeitsschutz. Subunternehmerketten sind nach wie vor bedingungslos erlaubt und Paketboten müssen auch weiterhin über dreißig Kilo schwere Pakete alleine austragen. Pikant ist: Das Postgesetz bevorteilt Anbieter wie etwa Internetplattformen. Denn während klassische Postanbieter neue Kontrollpflichten zum Arbeitsschutz erfüllen müssen, werden Unternehmen wie Amazon keine neuen Vorgaben gemacht. Die Bundesregierung verfestigt ein Zwei-Klassen-System beim Arbeitsschutz im Postwesen."
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Zu dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 5. September dieses Jahres kann man nur sagen: „Nicht jedes Thema in Europa ist auch ein Thema für Europa“, und das sage ich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ausdrücklich als überzeugter Europäer, der ich der Auffassung bin, dass Deutschland von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union enorm profitiert.
Umso bedauerlicher ist es, dass die Europäische Kommission mit diesem Richtlinienvorschlag übergriffig wird, indem sie unnötigerweise eine neue Rechtsform schaffen will, nämlich den europäischen grenzübergreifenden Verein.
Wir haben in Europa ungefähr 3,8 Millionen Vereine. Davon sind gerade mal ungefähr 310.000 Vereine überhaupt im grenzübergreifenden Verkehr tätig, also weniger als 10 Prozent. Da stelle ich schon die Frage: Welche Notwendigkeit gibt es dann, eine neue Rechtsform zu schaffen? Wir in Deutschland haben mit den §§ 21 ff. Bürgerliches Gesetzbuch eine substanziierte, eine bewährte Grundlage, in der alles geregelt ist, was die 600 000 Vereine in Deutschland betrifft. Ich habe die große Befürchtung, meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir vollkommen unnötigerweise die Vereinsvorsitzenden, die Abteilungsleiter verunsichern, indem eine neue Rechtsform geschaffen wird.
Es ist vom Kollegen Dr. Plum schon erwähnt worden: Es kommt insbesondere hinsichtlich der Auflösung eines Vereins sogar – und das ist höchst gefährlich – zu einer Erhöhung der Voraussetzungen, sprich: Es wird schwieriger, Vereine verbieten zu lassen. Vor diesem Hintergrund kann ich nur dringend davor warnen, dass die Europäische Kommission diesen Richtlinienentwurf weiter vorantreibt. Damit wird die Begeisterung für Europa in Deutschland nicht gestärkt, sondern das Gegenteil ist der Fall: Die Europaverdrossenheit wird deutlich gemehrt.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, was steht denn konkret in diesem Richtlinienentwurf? Darin stehen sehr viele detailreiche, umfassende, kleinteilige Regelungen, wie diese neue Rechtsform ausgestaltet wird. Es gibt keine Notwendigkeit dafür.
Stattdessen umfasst er sogar die höchstbedenkliche Regelung hinsichtlich der Frage der Auflösung eines Vereins. Wir erleben gerade in unserer heutigen Zeit, dass unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung leider auch vonseiten mancher Vereine angegriffen wird. Gerade in dieser Zeit ist es umso gefährlicher, wenn die Voraussetzungen für die Auflösung eines Vereins deutlich erhöht werden, eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegen muss, um überhaupt ein Vereinsverbotsverfahren initiieren zu können.
Gleiches gilt auch für die Frage des diskriminierungsfreien und offenen Zugangs zu öffentlichen Fördermitteln. Ich sehe die Gefahr, dass mit dieser Richtlinie sehr wohl auch die Möglichkeit geschaffen wird, dass ausländische Vereine verstärkt Zweigniederlassungen gründen, um in Deutschland an öffentliche Fördertöpfe zu gelangen.
Vor diesem Hintergrund der eindringliche und sehr herzliche Appell – insbesondere an die Regierungsfraktionen –, unserer Subsidiaritätsrüge zuzustimmen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wenn sich Jüdinnen und Juden in unserem gemeinsamen Land nicht mehr sicher fühlen und furchtbare antisemitische Parolen in den Straßen hallen, dann besteht ein klarer Handlungsauftrag des wehrhaften Staates. Es genügt eben nicht mehr, antisemitische Straftaten allein mit vehementen Worten zu verurteilen und auf die bestehende Rechtslage zu verweisen. Vielmehr müssen wir zum Schutz jüdischen Lebens diese Rechtslage nachschärfen, damit der Rechtsstaat handlungsfähig bleibt.
Das beginnt mit dem Staatsangehörigkeits- und dem Ausländerrecht. Unser Staat kann selbst entscheiden, wer Staatsbürger wird und wer unser Land wieder verlassen muss. Wir werden die rechtlichen Instrumentarien nachschärfen müssen, weil wir nicht tolerieren wollen, dass Menschen eingebürgert werden, die wegen antisemitischer Straftaten verurteilt sind. Wir wollen nicht, dass Menschen Deutsche werden, die das Existenzrecht Israels leugnen. Wir wollen keine Antisemiten zu Staatsbürgern machen. Das muss man im Ausländerrecht verankern.
Da geht auch meine Bitte an die Ampel. Das Staatsbürgerschaftsrecht begründet das Staatsvolk, und gerade in dieser Situation wäre es falsch, noch vor Weihnachten eine grundlegende Reform des Staatsbürgerschaftsrechts durchzuführen. Lassen Sie uns das gemeinsam in Ruhe angehen.
Wir müssen auch im Strafrecht nachschärfen. Ja, in den vergangenen Jahren wurde in § 46 StGB, bei der Frage der Strafzumessung, bereits geregelt, dass antisemitische Straftaten strafschärfend wirken. Aber das genügt nicht. Wir brauchen eine Nachbesserung beim Straftatbestand der Volksverhetzung; denn Aufrufe zur Beseitigung Israels sind von diesem Straftatbestand bisher nicht umfasst. Wir brauchen auch die Einstufung von Antisemitismus als besonders schwerem Fall, damit wir den Demonstrationen künftig den Rechtsstaat entgegensetzen können, bei denen auf unseren Straßen das Existenzrecht Israels geleugnet und zur Vernichtung des Staates Israel aufgerufen wird. Da muss der Rechtsstaat zukünftig wesentlich klarer hinlangen können.
Wir wollen auch, dass die Sympathiewerbung für Terror wieder strafbar wird, weil es unerträglich ist, wenn für Terrororganisationen oder kriminelle Vereinigungen bislang straflos Werbung gemacht werden kann. Und wir brauchen eine Nachschärfung beim Landfriedensbruch, weil es nicht sein kann, dass sich manche hinter anderen verstecken und aus der Menge heraus Straftaten und Gewalt begangen werden.
Das ist eine notwendige Abrundung, damit unsere Werte und unser Rechtsstaat handlungsfähig bleiben und wir dem „Nie wieder!“ eine klare Grundlage in der Gesetzgebung schaffen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung in den Beratungen zu unseren Gesetzentwürfen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Nächste Woche ist der Digitalgipfel in Jena. Das wäre die ideale Gelegenheit für einen Neustart in der Digitalpolitik. Denn so wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen. Ihr Nichtstun wird zum Standortrisiko für Deutschland. In den letzten zwei Ampeljahren haben Sie es geschafft, kein einziges Gesetz in diesem Bereich hier auf den Weg zu bringen. In Brüssel, wo die entscheidenden Fragen diskutiert werden, findet Deutschland entweder nicht statt oder dreimal statt, weil jeder Ampelpartner sein eigenes Süppchen kocht.
Das versprochene Digitalbudget gibt es immer noch nicht, und überhaupt gibt es in dieser ganzen Regierung niemanden, der wirklich für dieses Thema brennt. Bei Google hat „Nancy Faeser“ und „Rücktritt“ zehnmal mehr Treffer als „Nancy Faeser“ und „digitale Verwaltung“. Sie macht aber weder das eine noch das andere. Nancy Faeser fährt nicht mal zum Digitalgipfel, obwohl sie und ihr Haus für einen großen Teil der Themen verantwortlich ist. Deutlicher, stärker kann man Desinteresse nicht zeigen. Der Bundeskanzler fährt immerhin hin. Aber er hält dort keine Rede, sondern er führt ein öffentliches Gespräch mit dem Bitkom-Präsidenten. Gerade in der Digitalpolitik brauchte es aber klare Ansagen des Bundeskanzlers an seine eigene Regierung.
Wir sind eine konstruktive Opposition. Wir wollen das Thema voranbringen. Wir haben Ihnen deswegen in unserem Antrag 18 Punkte aufgeschrieben, die der Bundeskanzler am Montag einfach so in Jena vorlesen könnte, wodurch er unser Land voranbringen kann. Ich beginne mal damit:
Erstens. Die digitale Transformation Deutschlands wird zur Chefsache. Das Bundeskanzleramt formuliert eine übergreifende Vision für mehr Innovation, mehr Datennutzung und eine umfassende Staatsmodernisierung.
Zweitens. Für diese Vision gibt es Aufgaben. Für jede Aufgabe ist immer nur ein Minister verantwortlich. Die doppelten und dreifachen Federführungen, die es im Moment gibt, werden abgeschafft.
Drittens. Für die Schlüsselprojekte dieser Vision gibt es ein zentrales Digitalbudget, sodass die Finanzierung gesichert ist.
Viertens. Digitalminister Wissing wird mit Wirkung zu Dienstag seine Arbeit als Digitalminister aufnehmen.
Fünftens. Nancy Faeser wird eine Cybersicherheitsstrategie vorlegen und umsetzen.
Sechstens. Die Bürgerinnen und Bürger bekommen einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen durch den Bund.
Siebtens. In Brüssel spricht Deutschland in Zukunft nur noch mit einer Stimme für mehr Fortschritt und Innovation.
Meine Damen und Herren, ich könnte jetzt fortfahren. Ich habe leider keine Redezeit mehr. Sie können unseren Antrag nachlesen auf www.bundestag.de. Er enthält noch elf weitere Punkte für ein modernes Deutschland, das nach vorne geht, – das die Chancen der Digitalisierung nutzt. Ich bin gespannt, was ich nächste Woche in Jena dazu höre.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Nichts ist … in der Regel unsozialer als der sogenannte ‚Wohlfahrtsstaatʼ, der die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken läßt.“
Dieser Satz kommt nicht von mir, sondern er kommt von Ludwig Erhard, dem Vater der sozialen Marktwirtschaft.
Und er hat recht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn es sich nicht mehr lohnt, zu arbeiten, weil Bürgergeld und Zusatzleistungen höher sind als die Entlohnung für Arbeit, dann werden die Prioritäten von dieser Bundesregierung falsch gesetzt.
Sie setzen die Prioritäten falsch, wenn Sie das Bürgergeld um 12 Prozent erhöhen und den Grundfreibetrag nur um 8 Prozent. Dann kommt eben Leistung nicht mehr zustande. Sie setzen die Prioritäten falsch; denn Sie verringern Leistungsbereitschaft und erhalten damit am Ende weniger Steuern. Sie setzen die Prioritäten falsch; denn Sie erhöhen durch diese Umverteilung die Staatsausgaben und damit die Neuverschuldung bei uns im Staat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Arbeit muss sich lohnen. Damit das gewährleistet ist, dürfen wir nicht auf den nächsten Existenzminimumbericht und den nächsten Bericht zur kalten Progression warten, sondern müssen wir jetzt die Prioritäten richtig setzen. Deswegen auch unser Antrag.
Die durchschnittliche Inflation im Nahrungsmittelbereich betrug von Januar bis Oktober 13 Prozent. 13 Prozent! Mich wundert, lieber Kollege Schrodi, mit welcher Arroganz Sie mit den Menschen umgehen, die jeden Tag einkaufen, die arbeiten, die leisten, die Kinder haben.
Sie gehen mit einer Arroganz mit diesen Menschen um! Das ist wirklich nicht in Ordnung. Sie machen mit dieser falschen Prioritätensetzung – ich will das immer wieder betonen – die Menschen in diesem Land jeden Tag Stück für Stück ärmer. Das ist Ampelpolitik par excellence, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Brehm, ich habe die Uhr angehalten. Gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Schrodi?
Sebastian Brehm (CDU/CSU):
Selbstverständlich gerne; jawoll, natürlich.
Michael Schrodi (SPD):
Sehr geehrter Kollege Brehm, wer tritt hier mit Arroganz gegenüber denjenigen auf, die jeden Tag hart arbeiten und jeden Tag dieses Land am Laufen halten?
Ich bezweifle sehr, dass wir das sind. Das ist etwas, was Sie betreiben, und zwar aus einem ganz einfachen Grund. Sie haben wieder eine Behauptung aufgestellt, die längst widerlegt ist, und ich möchte von Ihnen hören, ob Sie die folgenden Zahlen bestätigen können. Sie behaupten gebetsmühlenartig, auch hier wieder, dass sich Arbeit nicht mehr lohne, weil das Bürgergeld zu hoch sei. Es gibt mehrere Studien dazu; eine habe ich hier in der Hand. Sie macht deutlich, dass ein Singlehaushalt mit Bürgergeld ein Haushaltseinkommen von 966 Euro hat, während es mit Mindestlohn 1 498 Euro beträgt; Differenz pro Monat: 532 Euro. Eine Alleinerziehende – ein Kind, 14 bis 17 Jahre – hat mit dem Bürgergeld ein Haushaltseinkommen von 1.693 Euro und mit Mindestlohn ein Haushaltseinkommen von 2.328 Euro; Differenz: 635 Euro. Das heißt, die Behauptung, die Sie gebetsmühlenartig vortragen, dass sich Arbeit – auch mit Mindestlohn – nicht lohnen würde, stimmt nicht. Das ist bewiesenermaßen anders; aber Sie verbreiten solche Falschmeldungen.
Können Sie bitte richtigstellen, dass das, was Sie behauptet haben, schlichtweg nicht stimmt?
Sebastian Brehm (CDU/CSU):
Lieber Herr Kollege Schrodi, das zeigt leider einmal mehr, dass Sie in der echten Realität nicht zu Hause sind.
Ich sage Ihnen eines: Sie verwechseln hier leider Äpfel mit Birnen. Sie sind im Wahlkampf angetreten mit „Respekt für die Menschen“. Was Sie jetzt gerade vortragen, ist respektlos; denn Sie müssen natürlich auch dieselben Bemessungsgrundlagen vergleichen. Da kommt Wohngeld dazu, da kommen andere Leistungen dazu. Und wenn Sie das vergleichen, dann sehen Sie: Arbeit lohnt sich in unserem Land mit Ihren Gesetzen eben nicht mehr. Und das ist Fakt.
Fragen Sie die vielen Menschen, die da draußen arbeiten. Sie kennen ja gar keinen, der arbeitet und früh zur Arbeit geht, um 6 Uhr aufsteht.
Ich muss wirklich sagen: Ich bin da langsam auch sauer; ich bin es leid, mit Ihnen darüber zu diskutieren.
Wenn Sie nicht in der Realität zu Hause sind, dann können Sie auch nicht einfach solche Dinge behaupten. Arbeit lohnt sich nicht. Wenn Sie das Bürgergeld um 12 Prozent erhöhen und den Grundfreibetrag um 8 Prozent:
Was setzen Sie damit für ein Zeichen?
Sie sagen: Das machen wir noch, das machen wir noch. – Eine Woche haben Sie noch Zeit. Heute Abend ist Bereinigungssitzung – mit dem katastrophalen Haushalt, den Sie haben. Sie machen Umverteilung statt Leistungssteigerung in unserem Land. Das ist die Wahrheit, und das ist die Politik der Ampel.
Wo ist eigentlich die SPD geblieben, die sich früher für Arbeitnehmerinteressen eingesetzt hat? Wo ist die geblieben?
Heute geht es nur noch um Umverteilung. Sie haben alle verlassen, die arbeiten, die früh zur Arbeit gehen und fleißig sind in unserem Land.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist geboten, die Freibeträge endlich anzupassen, und zwar noch in diesem Jahr. Sie dürfen nicht nur ankündigen, sie anpassen zu wollen; denn die Menschen brauchen diese Entlastung angesichts der Inflation. Die Mehrkosten allein im Lebensmittelbereich betragen 13 Prozent.
Sie hätten mit Ihrer Regierungsmehrheit natürlich die Möglichkeit, dies durchzusetzen.
Jetzt werden Sie wieder sagen: Ja, das Bundesverfassungsgericht hat gestern den Haushalt für nichtig erklärt; jetzt können wir das nicht machen. – Das ist eine ganz gute Ausrede, aber sie zählt nicht; denn Sie müssen Prioritäten setzen.
Wir haben die Zeit der höchsten Steuereinnahmen in der Bundesrepublik Deutschland, und Sie machen in dieser Zeit die höchsten Schulden in der Bundesrepublik Deutschland.
Kürzen Sie die Ausgaben!
Nehmen Sie Programme zurück, die umverteilen, und sorgen Sie für Leistungsbereitschaft! Schaffen Sie für die Menschen in der Mitte, die wirklich das Geld in unserem Land verdienen, Entlastung!
Denn damit schaffen wir Wachstum, damit schaffen wir mehr Beschäftigung, und damit schaffen wir es, den Wohlstand, den Sie gerade kaputt machen, auch in den nächsten Jahren in unserem Land zu erhalten.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!
Schlagartig schmeiße ich meine Rede um. Herr Kollege Castellucci, ich wollte nicht auf den Brandbrief des BAMF eingehen. Aber leider muss ich es jetzt tun. – Frau Präsidentin, ich bitte Sie, mir schon jetzt zu erlauben, diverse Sätze zu zitieren.
Auf Seite 1 steht: Bereits im Jahr 2022 war es mit Ende der Pandemie zu einem massiven Anstieg der Zahlen der Asylsuchenden gekommen, der die Kapazität meiner Behörde von 230.000 Asylanträgen im Jahr überstieg. – Dann schreibt er über die Zahlen: 244.000 bis jetzt.
Infolgedessen konnten wir den eingeleiteten Abbau der Asylverfahren nicht fortsetzen. Vielmehr stieg die Zahl der anhängigen Asylverfahren auf 136.000 wieder an. Es ist der höchste Zugang seit 2015/2016.
Für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nicht nur in den operativen Asylabteilungen, sondern im gesamten Amt bedeutet diese Situation eine außerordentliche Belastung. – Das nennt man in der deutschen Verwaltung „Überlastungsanzeige“.
Die derzeitige Situation in den Aufnahmeeinrichtungen kann man nur als dramatisch bezeichnen. Trotz überwiegend gutem Willen wird es immer schwieriger, die aufeinander abgestimmten Regelprozesse aufrechtzuerhalten. Die für das Haushaltsjahr 2024 vorgesehenen Mittel und Stellen werden in keiner Weise ausreichen. Ich bin auf Ihre Unterstützung angewiesen. – Das hat er alles überlesen. – Ebenfalls allergrößte Sorgen macht mir der viel zu geringe Ansatz von 37,8 Millionen Euro für die IT-Dienstleistungen; nicht mal mehr ein Drittel vom Ansatz des letzten Jahres.
Das Bundesamt müsste bei der Erfüllung vieler seiner Aufgaben wieder zu Papier oder Excel-Listen zurückgehen, wenn es bei diesem Ansatz bleibt. Der Mehrbedarf dafür liegt bei 86,5 Millionen Euro.
Nicht angesprochen habe ich im Übrigen die erheblichen Mehrbedarfe im Haushalt des Bundesamts für Integrationskurse, Erstorientierungskurse, Migrationsberatung für Erwachsene und für Asylverfahrensberatung, für deren Deckung eine politische Lösung aussteht. – Wenn das keine Überlastungsanzeige ist!
Unglaublich, wie Sie hier selektiv versuchen, den Mist an Politik zu rechtfertigen, wirklich.
Georgien ist bereits seit 2022 EU-Beitrittskandidat. Ich darf nochmals zitieren: Die MPK ist sich „einig, dass für Staatsangehörige aus Staaten, die eine EU-Beitrittsperspektive besitzen, die Asylverfahren beschleunigt durchgeführt werden sollen … Dies gilt insbesondere für Georgien und Moldau“.
Nachdem ich meine Redezeit mit der Korrektur Ihrer Beiträge verbringen musste, darf ich noch auf eines hinweisen: Liebe FDP, Sie haben sich klar geäußert, dass Sie die Maghreb-Staaten dabeihaben wollen. Wir freuen uns auf Ihr positives Votum. Schlagen Sie nicht wieder eine Volte, wie Sie es bei den 7 Prozent gemacht haben.
Die SPD streitet noch intern. Die Grünen sind dagegen. Der Ampelstreit und der völlig entglittene Überbietungswettbewerb beim Verteilen von Sozialleistungen aus dem Steuergeld der arbeitenden Bürgerinnen und Bürger ist der Hauptgrund für die exorbitant ansteigenden Migrationszahlen, die wir nach 2015/2016 in der alten Regierung in den Griff bekommen hatten, und das, obwohl die SPD mitgewirkt hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich denke, wir alle sind uns einig: Wir dulden keine Extremistinnen und Extremisten in Beamtenverhältnissen. Das schadet dem Ansehen des Staates, und es gefährdet die Funktionstüchtigkeit des Staates.
Auf dem Weg dorthin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, muss aber der Staat an jeder Stelle immer und überall als Rechtsstaat über jeglichen Zweifel erhaben sein. Es darf auf dem Weg dorthin nie zu einem Gesinnungsbeamtenrecht kommen. Es darf nie zu einem Generalverdacht kommen. Und der Staat muss immer Verfahren mit höchster Prüfqualität und rechtsstaatlichen Standards sicherstellen. Ich will es in einem Satz zusammenfassen: Der Maßregelungseifer darf nie über die Rechtsstaatlichkeit gestellt werden.
Das, was Sie uns vorlegen, ist ja durch die Überschrift „Kampf gegen rechts“ motiviert, dessen Bedeutung ich in keiner Weise schmälern will. Auffällig ist allerdings, dass Sie beim Kampf gegen rechts immer nach dem Prinzip „Höher, schneller, weiter“ agieren.
Jetzt streichen Sie hier den Beamtinnen und Beamten eine echte gerichtliche Prüfinstanz, nämlich die Disziplinarklage. Sie prüfen gar nicht, ob man die irgendwie beschleunigen könnte, sondern sie wird einfach weggenommen. Und Sie sagen jetzt: Wir machen dafür ein Verwaltungsverfahren bei der Disziplinarbehörde selbst, also bei der Ausgangsbehörde, mit allen Loyalitätskonflikten, Personalfragen usw. Dann sagen Sie: Das reicht; das ist doch alles super.
Ich empfehle Ihnen mal eine kritische Selbstprüfung. Und die sieht wie folgt aus: Wir haben auch andere Bereiche, wo wir im Übrigen über Massenphänomene reden – nicht wie im Beamtenbereich: 190 000 Bundesbeamte, 373 Disziplinarklagen – und wo wir dringend über Verfahrensbeschleunigung reden müssen. Nehmen Sie nur mal die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Asylverfahren.
Niemand von Ihnen käme auf die Idee, auch nur eine einzige gerichtliche Instanz zu streichen, um dort eine Beschleunigung reinzubringen.
Und dann heißt es immer: Ja, in Baden-Württemberg ist es doch genau so, und es ist alles super. – Nein, ist es nicht, weil nicht alles super ist. Und: Es ist eben nicht genauso; das ist das Entscheidende. – Denn in Baden-Württemberg ist es eine externe Behörde. Es handelt sich also nicht um die Ausgangsbehörde, sondern sie haben eine externe qualifizierte Disziplinarbehörde mit eigenem Personal, mit eigener Expertise, wo sie eben nicht Loyalitätskonflikte und andere Schwierigkeiten haben, und das ist der signifikante Unterschied.
Deswegen wäre es wichtig, dass Sie das nicht immer verwischen. Insofern können wir das einfach nicht mittragen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.