Traunstein, 12. November 2014

Antrag an den Deutschen Bundestag und an das Europäische Parlament;

Freihandelsabkommen TTIP

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kegel,

hinlänglich bekannt ist, dass das Freihandelsabkommen TTIP Schatten wirft und dass derzeit erhebliche Auswirkungen auf die kommunale Daseinsvorsorge zu besorgen sind.

 

Die Unzulänglichkeiten des Freihandelsabkommen sind breit diskutiert – zu Recht und richtigerweise! Vieles dabei bereitet uns Unbehagen! Auch wir haben die Befürchtung, dass es durch das Abkommen insbesondere zum Absenken unserer hohen europäischen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards kommt.

Ein transatlantisches Freihandelsabkommen darf unserer Auffassung nach gerade nicht dazu führen, dass die hohen europäischen Verbraucherschutzstandards im sensiblen Lebensmittelbereich, insbesondere in Bezug auf unser Trinkwasser und unsere Lebensmittelsicherheit, unseren Sozialbereich oder im Datenschutz durch die Hintertür ausgehöhlt werden. Auf keinen Fall darf es sein, dass unsere Standards herunterschrauben werden! Diese sollten vielmehr auch für andere Nationen Geltung erlangen!

Das mögliche Potenzial des Freihandelsabkommens für die Exportnation Deutschland, für Wachstum und Arbeitsplätze sollte gleichwohl nicht vernachlässigt werden. Auch in unserer Region hängen viele Arbeitsplätze vom Export ab.

In einer Pressemitteilung der EU-Kommission vom 11.11.2014 über ein Gespräch des SPD-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström heißt es: `… Bundesminister Gabriel lobte die konstruktive Gesprächsatmosphäre: "Die neue EU-Kommissarin Cecilia Malmström sucht aktiv den Dialog mit den EU-Mitliedstaaten. Sie nimmt nach meinem Eindruck auch die Anliegen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst - das ist der richtige Weg, um Vertrauen zu schaffen. Dazu gehört für mich auch, dass die Verhandlungen deutlich transparenter werden.“ Zu CETA und TTIP sagte Gabriel weiter: "Wir möchten beide einen erfolgreichen Abschluss dieser Abkommen und verfolgen das Ziel, moderne und ambitionierte Freihandelsabkommen abzuschließen. Solche Abkommen müssen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU eine ganze Reihe von Themen beinhalten. Auch wenn die Diskussionen zu verschiedenen Fragen wie dem Investitionsschutz noch nicht abgeschlossen sind, sind wir dazu entschlossen, bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen zusammenzuarbeiten." …`

Die Position einer Verweigerung oder Totalablehnung, wie sie der Antrag der SPDFraktion vom 03.11.2014 beinhaltet, wird sich somit nicht halten lassen.

Es geht aus unserer Sicht vor allem darum, die zuständigen Entscheidungsbeteiligten zur Einhaltung von Grundsätzen bei Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA/Kanada zu drängen.

Soweit der Stadtrat einer Beschlussfassung in Sachen Freihandelsabkommen näher treten will, wird seitens der CSU-Fraktion beantragt:

„Der Stadtrat möge beschließen:

Die Abgeordneten im Deutschen Bundestag und im Europäischen Parlament werden aufgefordert, im Rahmen der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA darauf hinzuwirken, dass folgende Grundsätze eingehalten werden:

  1. Unsere hohen europäischen Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz, in der Landwirtschaft, bei der Lebensmittelsicherheit und dem Arbeitnehmerschutz müssen erhalten bleiben. Es darf durch das Freihandelsabkommen nicht zu einer Absenkung unserer EU-Standards kommen.
  2. Die Einfuhr von Chlorhähnchen, Klonfleisch oder anderen GVO-modifizierten Lebensmitteln ist abzulehnen. Unsere strikten Regeln gegen Gentechnik oder Hormonfleisch dürfen nicht zur Disposition stehen.
  3. Die Zwangsprivatisierung der kommunalen Wasserversorgung und Eingriffe in andere Dienstleistungen des öffentlichen Interesses durch das Freihandelsabkommen lehnen wir ab. Die kommunale Daseinsvorsorge muss auch in einem Freihandelsabkommen geschützt bleiben.
  4. Beim Investitionsschutz als Teil des Freihandelsabkommens ist sicherzustellen, dass hierdurch die Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der Europäischen Union und der Mitgliedsstaaten nicht ausgehebelt werden kann. Streitigkeiten über den Investitionsschutz müssen der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegen und nicht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Wir sind der Ansicht, dass grundsätzlich mit hochentwickelten Rechtsstaaten, wie den USA, keine gesonderten Investitionsschutzabkommen abgeschlossen oder Investitionsschutzregeln in Freihandelsabkommen aufgenommen werden sollten. Sollten dennoch Investitionsschutzregeln im Freihandelsabkommen mit den USA vereinbart werden, ist auszuschließen, dass das demokratische Recht, allgemeine Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, gefährdet, ausgehebelt oder umgangen wird oder dass ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht, einklagbar wird.
  5. Wir fordern mehr Transparenz bei den laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen. Wir fordern einen offenen Dialog mit der Bevölkerung und treten für mehr Beteiligung der nationalen Parlamente ein.“

Für uns steht fest: Am Ende der Verhandlungen müssen mögliche Chancen sehr, sehr sorgfältig gegen alle Risiken abgewogen werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christian Hümmer, Fraktionsvorsitzender

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